Imkerportraits
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Lass Dein Herz entscheiden… | Heinz Risse

Mein Vater hat mich begeis­tert für die Bienen als ich ein klei­ner Junge war und im Frühjahr in den Obstbäumen aus­ge­büx­te Bienenschwärme mit ihm zusam­men wie­der ein­fan­gen muss­te. Ich muss­te die Leiter hoch­klet­tern und er hat mich mit der Leiter gehal­ten. Meine Aufgabe, die in mei­ner Schulklasse sicher Respekt erzeug­te, hat aber auch Kopfschütteln hin­ter­las­sen, wenn ich denn mal wie­der zu schnell und zu nah an den Bienenstöcken vor­bei gerannt war und unglück­li­cher­wei­se gesto­chen wur­de. Schmerzhaft waren die Stiche und die Blicke der Mitschüler auf mein auf­ge­schwol­le­nes Gesicht. Heute bin ich immun dage­gen, aber es tut noch genau­so weh, wenn die Biene sticht. Dann weiß ich, dass ich einen Fehler gemacht habe.

Es über­rasch­te mich am Anfang, wie ein­fach es ist, wesens­ge­mäß zu imkern — mein Herz hat mir gehol­fen mich zu ent­schei­den! Einem Schwarm bei einem Auszug aus sei­ner Behausung zuzu­se­hen gehört für mich noch heu­te zu den außer­or­dent­lich fas­zi­nie­ren­den Naturschauspielen. Es macht sich dann eine Glückseligkeit in mei­nem Herzen breit, die ich sonst nur beim Marathonlauf erlebt habe, wenn man auf den letz­ten Metern ist. Die Entscheidung „für wesens­ge­mäß“ fiel mir leicht, nach­dem ich das Faschingsseminar an der Fischermühle bei Mellifera e.V. besucht hat­te. Zusätzlich zu den Erfahrungen mit mei­nem Vater lern­te ich dort Techniken mit einem Schwarm umzu­ge­hen, noch bevor der über­haupt aus­ge­zo­gen ist. Das hat mich beein­druckt und in Folge habe ich es selbst prak­ti­ziert, wenn der Standort zum Schwärmen nicht gera­de gut geeig­net war.

Ich muss­te hin­ein­wach­sen in mei­ne Aufgabe das Wissen wei­ter­zu­ge­ben und zu tei­len, gera­de im unver­gleich­li­chen Prinzessinnengarten, die­sem ein­zig­ar­ti­gen Ort auf der Welt. Alternativen auf­zu­zei­gen, wie man in der moder­nen Imkerei alt­her­ge­brach­te Methoden nach­hal­tig ver­bes­sern und art­ge­rech­ter ange­hen kann, ist mein Beitrag als Gegengewicht zur indus­tri­el­len Imkerei und zu indus­tri­el­ler Landwirtschaft. Das Wort „wesens­ge­mäß“ hielt ich am Anfang eher ein wenig zurück, heu­te fin­de ich kein bes­se­res Wort dafür. Und gera­de die Arbeit mit Kindern im Prinzessinnengarten und an den (Waldorf)Schulen macht mir gro­ße Freude. Die Kinder zu ermu­ti­gen gute Fragen in der heu­ti­gen Zeit zu stel­len hal­te ich für mei­ne gro­ße Herausforderung. Antworten wer­den sie allei­ne finden.

Als Glücksfall hat sich erwie­sen, dass ich unse­re Mellifera Regionalgruppe mit mei­nem Partner Rainer auf­bau­en konn­te. So ist die Arbeit auf meh­re­re Schultern ver­teilt und macht auch mehr Spaß, weil man effek­ti­ver sein kann.

Außerordentlich inspi­riert hat mich Rudolf Steiner mit sei­nen Gedanken in den Arbeitervorträgen zur Bienenhaltung. Auf mei­nem eige­nen Erkenntnisweg zu den Bienen hat sich für mich gezeigt, dass 100 Jahre spä­ter sei­ne Anregungen mehr wert sind als je zuvor.

Auch aus Überzeugung bin ich Zeidler gewor­den, weil die Art der Bienenhaltung, wie sie die Zeidler betrie­ben haben, sehr viel mit Respekt im Umgang mit dem Tier zu tun hat­te. Dem hoh­len Baum als ursprüng­li­chen Lebensraum wird kei­ne moder­ne Bienenbehausung auch nur annä­hernd gerecht. Dort kann, seit 30 Millionen Jahren, die Honigbiene sich den wech­seln­den Umweltbedingungen und Herausforderungen der Neuzeit am bes­ten anpas­sen und weh­ren. Dort wird das Prinzip der Natur „sur­vi­val of the fit­test“ gelebt, wenn die Natur intakt ist und bleibt.

In Wilderness is the Preservation of the World” — Henry David Thoreau

Standort Öffentliche Standorte: Prinzessinnengarten, Nutzgarten für urba­ne Landwirtschaft in Berlin-Kreuzberg am Moritzplatz. Abgeordnetenhaus von Berlin (nicht öffent­lich zugänglich).
Bienenstöcke Alle Beutentypen, wo Bienen wesens­ge­mäß gehal­ten wer­den kön­nen: Mellifera-Einraumbeute, Mellifera-Bienenkiste (am liebs­ten flie­gen­de), TopBarHive, Warré, Weißenseifener Hängekorb, Umgebaute Deutsch-Normalmaß mit Hochwaben, Klotzbeuten und leben­de Bäume.
Wesensgemäß? Naturwabenbau, Arbeiten mit dem Schwarmtrieb und die Überwinterung der Bienen auf eige­nem Honig sind fes­ter Bestandteil mei­ner exten­si­ven Betriebsweise. Und das bringt mich unheim­lich nah an die Bienen und ihre fas­zi­nie­ren­de Welt.
Honigverkauf Verkauft wer­den Überschüsse der Bienen aus der Ernte im Prinzessinnengarten in der Regel ab Mitte August am Verkaufstresen. In man­chen Jahren brau­chen die Bienen ihren ein­ge­tra­ge­nen Honig kom­plett sel­ber für die Überwinterung und haben kei­ne Überschüsse, die der Imker ern­ten kann.
Kontakt email

Heinz Risse
Gründungsmitglied Mellifera Regionalgruppe Berlin, Kursleiter “Wesensgemäße Bienenhaltung”
Mitglied in wei­te­ren Mellifera-Netzwerken: „Schwarmbörse”, sowie „Netzwerk Blühende Landschaften
Gründungsmitglied „Tree Beekeeping International

Eine Dokumentation über Zeidlerei und auch über Heinz Risse: “Unter (moder­nen) Zeidlern. Eine Reise ins Bibertal” von Max Grund

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  1. Pingback: Unter (modernen) Zeidlern. Eine Reise ins Bibertal – Bienengeschichte

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