Imkerportraits
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Ein syrischer Imker in Berlin | Jalal

Imkerportrait Jalal – ein syrischer Imker in Berlin

2015 bin ich von Syrien nach Deutschland gekommen.

Als ich hier in Berlin ankam, wun­der­te ich mich, dass, obwohl es hier so vie­le Blumen gibt, ich nur so weni­ge Bienen sah. Lange such­te ich hier in Berlin einen Imker und nach unge­fähr vier Monaten hat­te mei­ne Suche ein glück­li­ches Ende. Eine ehren­amt­li­che Mitarbeiterin aus der Notunterkunft in der Teske-Schule Schöneberg, in der ich damals unter­ge­bracht war, gab mir einen Tipp und ver­mit­tel­te mich an eine Imker-Gruppe. Ich traf mich von dem Zeitpunkt an mit einer sehr net­ten Imkerin die­ser Gruppe, die sich zwei Bienenvölker hielt. Leider sprach ich damals nur sehr gebro­chen Deutsch und daher war es sehr schwie­rig mit der Verständigung. Außerdem nah­te der Winter, daher blieb es bei unge­fähr 5 Treffen.

Für ein paar Monate ver­lor ich die Bienen und mei­nen Wunsch – wie­der zu Imkern – aus den Augen. Ich hat­te viel damit zu tun Deutsch zu ler­nen, mich hier zurecht zu fin­den und den lan­gen Berliner Winter zu über­ste­hen. Im Frühling dann, als alles wie­der anfing zu sprie­ßen und blü­hen, wun­der­te ich mich erneut, wie bei mei­ner Ankunft hier in Berlin im Jahr zuvor, wo wohl all die Bienen sind? Mein ers­ter Gedanke damals war, mir selbst ein Bienenvolk zu kau­fen, doch lei­der hat­te ich zu dem Zeitpunkt noch zu vie­le Schulden und der Wunsch rück­te dadurch in wei­te Ferne.

Im Sommer dann wech­sel­te ich von mei­ner schon fast lieb­ge­won­nen Notunterkunft in der Teske-Schule in eine Gemeinschaftsunterkunft nach Köpenick. Ich habe vie­le wun­der­ba­re Menschen in der Teske-Schule ken­nen­ler­nen dür­fen! Nach mei­nem Umzug gerie­ten ich und mein Wunsch hier in Berlin imkern zu kön­nen nicht in Vergessenheit. Eine Bekannte aus der Teske-Schule mar­kier­te mich in einem Facebookpost, in wel­chem nach einem Imker, “der durch Flucht und Vertreibung auch sei­ne Bienen ver­lo­ren hat”, im inter­kul­tu­rel­len Nachbarschaftsgarten / Blohmgarten in Lichtenrade, ein Projekt der ufa Fabrik Tempelhof, gesucht wur­de. Ich ant­wor­te­te auf das Gesuch und kurz danach fand das ers­te Treffen mit der zustän­di­gen Sozialarbeiterin, Nichole Pashley, statt. Ich erzähl­te ihr von mei­nem Plan mir hier in Berlin ein eige­nes Bienenvolk zuzu­le­gen, doch zu mei­ner Verwunderung sag­te sie mir, ich sol­le das nicht tun.

Ein paar Tage spä­ter jedoch wur­de ich ein­ge­la­den, zusam­men mit Nichole und Hinrich, dem Projektleiter des Blohmgartens, in den Garten zu fah­ren und dort traf ich auf Carlo, der mein zukünf­ti­ger Imkerpate wer­den soll­te und mitt­ler­wei­le ein guter Freund gewor­den ist. Ich war begeis­tert, als ich den Blohmgarten zum ers­ten Mal sah. Das Gartenprojekt steht Menschen aller kul­tu­rel­len Wurzeln und jeden Alters offen und ist ein wun­der­schö­ner Ort, die Rahmenbedingungen wur­den abge­steckt und schon ein paar Tage spä­ter traf ich mich erneut mit Carlo dort. An die­sem Tag zeig­te er mir ein Bienenvolk und sag­te, dass dies meins sein soll­te. Ein Geschenk eines eben­falls vor lan­ger Zeit geflüch­te­ten afgha­ni­schen Imkers, der sofort auf einen Aufruf, ein Bienenvolk zu spen­den, reagierte.

Carlo nimmt mich auch zum Mellifera Regionalgruppentreffen in den Prinzessinengärten, am Moritzplatz, mit. Die Berliner Regionalgruppe trifft sich dort regel­mä­ßig und tauscht sich aus über alle Themen: die Bienen, ihre wesens­ge­mä­ße Haltung, Mensch und Natur.

Da die Unterkunft in Köpenick kom­plett saniert wer­den muss­te, wech­sel­te ich wie­der mei­nen Wohnort und zog in eine Gemeinschaftsunterkunft nach Hohenschönhausen. Ein paar Wochen spä­ter frag­te Carlo mich dann, ob ich im Rahmen eines Praktikums einen Imkerkurs an der Schule “Grüner Campus Malchow”, die nun in mei­ner neu­en Nachbarschaft gele­gen war, geben wol­le. Sofort habe ich zuge­stimmt. Ich traf mich mit Amelie, der zustän­di­gen Lehrerin für das Bienenprojekt der Schule. Da sie noch rela­tiv neu in dem Bereich war, freu­te sie sich sehr, mich als Unterstützung in dem Projekt dabei zu haben und wir haben uns auf Anhieb sehr gut ver­stan­den. Zwei Bienenvölker hat der grü­ne Campus Malchow auf einer sehr schö­nen Streuobstwiese stehen.

In dem Kurs, den Amelie und ich lei­ten, küm­mern wir uns zusam­men mit sechs Kindern um die Bienen. Der Kurs berei­te­te mir sehr viel Freude, doch zugleich fand ich es schwer all die schlau­en Fragen der Kinder zu beantworten.
Sehr ger­ne gebe ich heu­te auch Auskünfte an ver­schie­de­nen Bienen-Infoständen, wie zum Beispiel der Regionalgruppe Mellifera Berlin am lan­gen Tag der Stadtnatur oder dem Sommerfest im inter­kul­tu­rel­len Nachbarschaftsgarten in Lichtenrade.

Nach nicht all­zu­viel ver­gan­ge­ner Zeit betreue und pfle­ge ich wie­der sechs Bienenvölker und bin sehr glück­lich damit!

Standort Blohmgarten — Interkultureller Generationengarten, Blohmstraße 71–73, 12307 Berlin – öffent­li­cher Ort (Website Blohmgarten)
Bienenstöcke sechs
Wesensgemäß? ers­ter Naturwabenbau nach kon­ven­tio­nel­ler Imkerei
Honigverkauf noch nicht
Schwarmfänger ja
Kontakt -

Jalal
Mellifera Regionalgruppe Berlin

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